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Werke Tertullian (160-220) De virginibus velandis

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Über die Verschleierung der Jungfrauen. (BKV)

4. Cap. Viele behaupten, der Ausspruch des Apostels, I. Kor. 11, 3 ff., beziehe sich nur auf die Verheirateten. Tertullian zeigt, dass er sich auf alle Frauenspersonen beziehe, indem der Ausdruck „mulier” generell sei.

Da es aber herkömmlich ist, auch mit der hl. Schrift in der Hand gegen die Wahrheit zu argumentieren, so wird uns flink der Einwand entgegengehalten: Da, wo der Apostel seine Vorschriften über das Verschleiern gibt,1 da sage er von den Jungfrauen gar nichts, sondern nenne nur die Weiber, während er doch, wenn es sein Wille gewesen wäre, dass auch die Jungfrauen sich verschleiern sollten, auch von den Jungfrauen gesprochen und sie mit den Weibern zusammen genannt haben würde, so gut wie er an der Stelle, wo er von der Ehe spricht, auch angibt, wie es mit den Jungfrauen zu halten sei. Folglich seien sie nicht in dem Gesetz, sich das Haupt zu verschleiern, inbegriffen, weil in diesem Gesetz nicht namentlich genannt; oder richtiger, sie seien vielmehr gerade dadurch des Schleiers entledigt, da sie weder einen Befehl dazu bekommen haben, noch namentlich aufgeführt seien.

Wir drehen aber diese Sophisterei um. Derjenige nämlich, welcher an anderen Stellen recht gut beider Klassen Erwähnung zu thun wusste, der Jungfrauen meine ich und der Weiber, d. h. der Nichtjungfrauen, weil eine Ursache zu solcher Unterscheidung vorlag, der gibt hierbei, wo er die Jungfrauen nicht besonders nennt und keinen Unterschied macht, S. 360 zu erkennen, dass ihre Stellung die gleiche sei. Sonst hätte er auch hier die Verschiedenheit zwischen Jungfrau und Weib hervortreten lassen können, so gut wie er anderswo sagt: „Geteilt ist Jungfrau und Weib.”2 Was er also nicht unterschieden hat, indem er davon schweigt, hat er eins ins andere einbegriffen. Und wenn dort Weib und Jungfrau unterschieden sind, so wird darum doch nicht auch hier diese Teilung in Betracht kommen, wie einige wollen. Denn wie viele Ausdrucksweisen, die sich irgendwo anders finden, haben keine Geltung, an solchen Stellen nämlich, wo sie nicht gebraucht sind, es müsste denn sein, dass es sich um dieselbe Sache handelte, so dass der einmalige Ausdruck genügte. Dort aber verhält sich die Sache in betreff der Jungfrau und des Weibes ganz anders als im vorliegenden Falle. „Geteilt sind”, heisst es, „Jungfrau und Weib.” Warum geteilt? Weil die Unverheiratete, d. i. die Jungfrau, auf das sinnt, was des Herrn ist, dass sie heilig sei an Körper und Geist, die Verheiratete aber, d. i. die Nichtjungfrau sinnt darauf, wie sie dem Manne gefalle. Das wäre der Sinn jener „Teilung”, die aber in unserem vorliegenden Capitel keine Stelle findet, da dort weder vom Heiraten noch von der Gesinnung und Denkart des Weibes oder der Jungfrau die Rede ist, sondern vom Verschleiern des Hauptes. Indem der hl. Geist wollte, dass darüber kein Streit sein sollte, hat er unter dem einen Ausdrucke Weib auch die Jungfrau verstanden wissen wollen; indem er sie nicht speziell nannte, hat er sie auch nicht vom Weibe abgesondert, und da er sie nicht absonderte, so hat er sie mit dem, wovon er sie nicht absonderte, verbunden. Ist das denn nun also etwas neues, dass nur der Hauptausdruck gebraucht und doch die übrigen Dinge unter diesem Ausdrucke mitverstanden werden, wenn kein zwingender Grund vorhanden ist, das Allgemeine in seine einzelnen Teile zu zerlegen? Eine kurze umfassende Ausdrucksweise ist von Natur aus willkommen und notwendig; eine gar zu umständliche Redeweise aber lästig und albern. So begnügen wir uns denn auch mit generellen Bezeichnungen, welche den Gedanken an die Spezies in sich begreifen.

Also nun jene Bezeichnung selbst! Natürlicher Ausdruck ist femina, Weib, der generelle natürliche Ausdruck Frauensperson, mulier. Spezialbezeichnungen des Allgemeinen sind: Jungfrau, Eheweib, Witwe, oder was sonst noch für Benennungen der einzelnen Altersstufen hinzukommen. Dem Generellen ist also das Spezielle untergeordnet, weil das Generelle das Frühere ist, das Nachfolgende dem Vorangehenden, der Teil dem Ganzen; sein Begriff ist also in demjenigen enthalten, dem es untergeordnet ist, und es wird durch dasselbe bezeichnet, weil es in ihm steckt. So braucht auch weder Hand noch Fuss, noch sonst ein Glied bezeichnet zu werden, wenn man das Wort Körper ausgesprochen hat. Und wenn man sagt: S. 361 Welt, so wird dahin auch der Himmel gehören und was sich darin findet, Sonne, Mond, Sterne, Gestirne, Erde, Meer und die ganze Kategorie der Elemente. So hat man also auch, wenn man das Wort Frauenzimmer ausspricht, alles damit bezeichnet, was weiblich ist.


  1. 1. Kor. 11, 5 ff. πάσα δὲ γυνὴ προσευχομένη η προφητεύουσα ἀκαταλύπτῳ τῇ κεφάλη. κτλ. [pasa de gynē proseuchomenē ē prophēteuousa akatalyptō tē kephalē. ktl.]. ↩

  2. 1. Kor. 7, 34. Die Vulgata liest hier freilich anders. ↩

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De Virginibus Velandis

IV.

[1] Quatenus autem et de scripturis adversus veritatem argumentari consuetudo est, statim opponitur nobis nullam mentionem virginum ab apostolo factam, ubi de velamine praefinit, sed tantum mulieres nominatas, cum, si voluisset et virgines tegi, de virginibus quoque cum mulieribus nominatis pronuntiasset, 'quomodo illic', inquit, 'ubi de nuptiis tractat, quid observandum sit etiam de virginibus declarat'; itaque non contineri eas lege velandi capitis ut non nominatas in hac lege, immo ex hoc velari, qua non iubentur, quae neo nominantur. [2] Sed et nos eandem argumentationem retorquemus. Qui enim sciebat in alias utriusque generis facere mentionem -- virginis dico et mulieris, id est non virginis -- ex causa distinctionis, in his, in quibus non nominat virginem, non faciens distinctionem ostendit condicionis communionem. [3] Ceterum potuit hic quoque constituere differentiam inter virginem et mulierem, sicut alibi dicit: Divisa est mulier et virgo. Igitur quas non divisit tacendo, in altera uniit. Nec tamen quia illic divisa est et mulier et virgo, hic quoque patrocinabitur illa divisio, ut quidam volunt. [4] Quanta enim alibi dicta non valent, ubi dicta scilicet non sunt! nisi si eadem sit causa quae alibi, ut sufficiat semel dictum. Illa autem causa virginis et mulieris longe divisa est ab hac specie. Divisa est, inquit, mulier et virgo. Quare? quoniam innupta, id est virgo, cogitat ea, quae, sunt domini, ut sit sancta et corpore et spiritu, nupta autem, id est non virgo, cogitat quomodo placeat viro. [5] Haec erit interpretatio divisionis illius, nullum habens locum in isto capitulo, in quo neque de nuptiis neque de animo et cogitatu muliebri et virginis pronuntiatum, sed de capite velando. Cuius nullam volens esse disceptationem spiritus sanctus uno nomine mulieris etiam virginem intelligi voluit, quam proprie non nominando a muliere non separavit et non separando coniunxit ei, a qua non separavit. [6] Novum est nunc ergo principali vocabulo uti et cetera nihilominus in eo vocabulo intelligi, ubi nulla est necessitas singillatim distinguendae universitatis? Naturaliter compendium sermonis et gratum et necessarium est, quoniam sermo laciniosus et onerosus et vanus est. Sic et generalibus vocabulis contenti sumus comprehendentibus in se specialium intellectum. [7] Ergo iam de vocabulo ipso. Naturale vocabulum est femina, naturalis vocabuli generale mulier, generalis etiam speciale virgo vel nupta vel vidua vel quot etiam aetatis nomina accedunt. Subiectum est igitur generali speciale, quia generale prius est, ut subcessivum antecessivo et portionale universali: in ipso intelligitur, cui subicitur, et in ipso significatur, quia in ipso continetur. [8] Sic nec manus nec pes nec ullum membrorum desiderat nominari corpore nominato; et si mundum dixeris, illic erit et caelum et quae in eo, sol et luna et sidera et astra, et terra et freta et omnis census elementorum. Omnia dixeris, cum id dixeris, quod ex omnibus constat. Sic et mulierem nominando quicquid est mulieris nominavit.

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