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Werke Boethius, Anicius Manlius Severinus (480-524) Philosophiae consolatio

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Trost der Philosophie (BKV)

II.

Wehe wie sinkt zum Grund nieder die Seele;

Also erschlafft, vergißt eigenen Licht's sie,

Sucht mit schwankendem Schritt draußen das Dunkel;

Und vom irdischen Hauch immer vermehret

Wächst bis zum Übermaß nagende Sorge.

Und einst war sie gewöhnt Räume des Himmels

Zu ätherischem Flug frei zu durchmessen,

Schaute das rosige Licht frühe der Sonne,

Blickt' auf den frostigen Glanz spät noch des Mondes,

Wie der wandelnde Stern zieht seine Bahnen,

In verschlungenem Kreis wieder zurückkehrt,

Hatt' er in Zahlen gefaßt, hier auch ein Sieger.

S. 11 Forschte die Gründe er doch, welche das Brausen

Regeln des Sturms, der tiefaufwühlt die Meerflut,

Welch ein geistiger Hauch umdreht den Erdkreis,

Was das Abendgestirn senkt in des Westens

Meereswogen und früh rötlich im Ost hebt,

Was die Tage im Lenz angenehm mildert,

Daß die Erde sich schmückt rosig mit Blüten,

Wer es macht, daß der Herbst schwanger von Früchten

Überfließt, bis zuletzt schwellend von Trauben.

Alles hat er erforscht, bis zur verborgnen,

Wechselreichen Natur Gründe gelangt er!

Und nun ist ihm des Geist's Leuchte erloschen,

Und den Nacken im Druck engender Ketten

Zwingt die wuchtende Last nieder den Blick ihm,

Wehe nur dich zu schau'n, törichte Erde!

Jedoch, sagte sie, hier ist Arzenei mehr am Platz als Klage. Dann aber richtete sie das Auge voll auf mich und sprach: Bist du es, der du einst mit unserer Milch genährt, mit unserer Speise erzogen, zu mannbarer Geisteskraft gereift warst? Hatten wir dir doch Waffen gegeben, die dich, hättest du sie nicht vorher fortgeworfen, durch ihre nie besiegte Festigkeit beschützt hätten. Erkennst du mich nun? Warum schweigst du? Bist du vor Scham oder vor Staunen verstummt? Lieber wollte ich vor Scham, aber ich sehe, Staunen hat deine Zunge gelähmt. Und wie sie mich nicht bloß schweigend, sondern völlig sprachlos sah, legte sie ihre Hand sanft auf meine Brust: Es ist keine Gefahr, sagte sie, er leidet an schlaffer Abspannung, der gewöhnlichen Krankheit verblendeter Geister. Er hat ein wenig seiner selbst vergessen, er wird sich leicht auf sich besinnen, wenn er zuvor uns erkannt hat. Auf daß er dies könne, wollen wir ein wenig seine Augen abwischen, die trüb sind von der Umwölkung irdischer Dinge. So sprach sie und trocknete mit ihrem gefalteten Gewand meine von Tränen strömenden Augen.

Da verließ mich das Dunkel, es wichen die nächtlichen Nebel,

Frühere Kraft rückkehrte den Augen.

Wie wenn vom Südwind getrieben die stürmischen Wolken sich ballen,

Regenverschleiert am Himmelsgewölbe

Sich die Sonne verbirgt, kein Sternbild am Himmel aufsteigt,

Wenn auf die Erde dunkele Nacht sinkt;

Dann aus thrazischer Höhle gesandt sie Boreas aufpeitscht

Und den verschlossenen Tag wieder auftut,

Phöbus zuletzt hervortritt und Pfeile des Lichtes schleudert,

Staunende Augen die Strahlen verwunden.

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Consolatio philosophiae

II.

Heu, quam praecipiti mersa profundo

Mens hebet et propria luce relicta

Tendit in externas ire tenebras,

Terrenis quotiens flatibus aucta

Crescit in immensum noxia cura!

Hic quondam caelo liber aperto

Suetus in aetherios ire meatus

Cernebat rosei lumina solis,

Visebat gelidae sidera lunae

Et quaecumque vagos stella recursus

Exercet varios flexa per orbes,

Comprensam numeris victor habebat.

S. 10 Quin etiam causas unde sonora

Flamina sollicitent aequora ponti,

Quis volvat stabilem spiritus orbem,

Vel cur Hesperias sidus in undas

Casurum rutilo surgat ab ortu,

Quid veris placidas temperet horas,

Ut terram roseis floribus ornet,

Quis dedit, ut pleno fertilis anno

Autumnus gravidis influat uvis,

Rimari solitus atque latentis

Naturae varias reddere causas:

Nunc iacet effeto lumine mentis

Et pressus gravibus colla catenis

Declivemque gerens pondere vultum

Cogitur heu stolidam cernere terram.

[1] Sed medicinae, inquit, tempus est quam querelae. [2] Tum vero totis in me intenta luminibus: Tune ille es, ait, qui nostro quondam lacte nutritus, nostris educatus alimentis in virilis animi robur evaseras? [3] Atqui talia contuleramus arma, quae, nisi prior abiecisses invicta te firmitate tuerentur. [4] Agnoscisne me? Quid taces? Pudore an stupore siluisti? Mallem pudore, sed te ut video stupor oppressit. [5] Cumque me non modo tacitum sed elinguem prorsus mutumque vidisset, admovit pectori meo leniter manum et: Nihil, inquit, pericli est, lethargum patitur, communem illusarum mentium morbum. [6] Sui paulisper oblitus est, recordabitur facile, si quidem nos ante cognoverit. Quod ut possit, paulisper lumina eius mortalium rerum nube caligantia tergamus. [7] Haec dixit oculosque meos fletibus undantes contracta in rugam veste siccavit.

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