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Werke Syrische Dichter Ausgewählte Gedichte des Jakob v. Batnä in Sarug Ausgewählte Gedichte des Jakob v. Batnä in Sarug (BKV)
1. Gedicht über das Sprachenwunder am Pfingstfest.

3.

Der Sohn des Königs war aufgestiegen zu seinem Vater, um seinen Dienern die Rüstung des Geistes zu senden vom Hause des Vaters. Vor seiner Auffahrt, da er im Begriffe war aufzusteigen, hatte er sie versammelt und sie angehaucht, auf daß sie den Geist von ihm empfingen1. Und als er sodann von ihnen Abschied nahm, bestärkte er sie wieder, indem er ihnen den Heiligen Geist sandte, der sie die Wahrheit lehren sollte. [140] Mit der Stärke des Geistes hatte er sie schon ausgerüstet, solange er noch nicht aufgestiegen war, aber die volle Ausrüstung sandte er ihnen erst nach seiner Auffahrt. Er gab sie ihnen von dort aus, um zu zeigen, daß er etwas zu geben habe, und er gab sie, nachdem er aufgestiegen war, zum Zeichen, daß der Vater mit ihm eins sei. Dieses Geschenkes halber, das er seinem Versprechen gemäß senden mußte, hatten sich die Jünger im Abendmahlssaale versammelt, um auf dasselbe zu warten. Und wirklich, mitten in der Stille erhob sich das Brausen eines starken Windes daselbst in der Versammlung der Jünger2. Brausender Sturm und eine in die Augen fallende Lichterscheinung gingen ineinander und bereiteten für die Apostel eine Rüstung und bekleideten sie damit. [150] Lebendiges Feuer in Zungenform ging aus vom Hause des Vaters, entzündete die Apostel und entflammte sie zum Reden. Ein deutlich vernehmbarer Wind ließ sich hören in der Stille, ward zum Lehrer und unterrichtete sie in allen Sprachen. Mit dem Feuer vom Vater, das ihnen hellaufflammend gesandt wurde, erleuchtete er ihre Seelen und sie begannen in allen Sprachen zu lobsingen. Sie fingen an zu reden in Sprachen, je nachdem der Geist einem jeden zu reden eingab3. S. 277 Staunen ergreift einen, wenn man erwägt, wie die Sprachen verteilt wurden im Babel des Sohnes gleichwie im wirklichen Babel. [160] Der Heilige Geist ward ihr Lehrer und unterrichtete sie, ein neuer, eigenartiger Lehrer, der sich nicht der Lesung der Bücher bediente. Ein Brausen des Windes war inmitten der Stille hörbar und Feuer wurde sichtbar, das in Zungenform sich verteilte. Einfache Leute waren die Apostel, jetzt aber wurden sie mit Weisheit erfüllt; Fischer waren es, die nun mit allen möglichen Sprachen ausgestattet wurden. In einer ganz neuen Art des Sprechens ließen sich die Apostel vernehmen; es war ein wahres Sprachengewirr, das vom Abendmahlssaale her laut wurde. Feuer von oben war es, das die Söhne des Lichtes durchglühte, aber nicht brannten sie, sondern nur erleuchtet wurden sie von der Flamme. [170] Das Feuer, das in Zungenform herabkam, entflammte sie und verlieh ihnen eine neue Art zu reden, nämlich in allen Sprachen. Feurige Zungen und heilige Begeisterung wurde ihnen im Abendmahlssaale zuteil und sie redeten in allen Sprachen gleichwie dies in Babel der Fall war.

O Abendmahlssaal, hocherhaben sind gleichwohl die Vorgänge, die sich in dir abspielten, über jene in Babel; denn ohne Lehrer wurde die Kenntnis aller Sprachen zugleich in dir verteilt. Zu einem Schulsaale hat der Geist dich gleichsam gemacht für die Söhne des Lichtes, in dir lernten sie die Ausdrucksweise der Völker und ihre Sprachen. Von dir ging die Brüderschar aus, angetan mit der Rüstung, vom Abendmahlssaale zog sie aus, um die Welt zu versammeln. [180] In dir sang der Heilige Geist in neuen, ungewohnten Lauten, in allen Sprachen, die sich in so viele Zweige geteilt hatten. Du warst für die Apostel gleichsam eine Rüstkammer, in dir zogen sie die Rüstung des Geistes an, um das Weltall zu bezwingen. Von dir aus wurde der ganze Erdkreis erleuchtet, der im Dunkeln lag, denn gleich den Strahlen des Lichtes erfüllten die Apostel die Erde. Du bist das Gemach, das für die Volker die vorzüglichste aller Schatzkammern geworden ist, von dir aus wurden die Provinzen bereichert, die vorher in Dürftigkeit lebten. In dir wurde der Reichtum des Vaters der S. 278 ganzen Welt ausgeteilt, all die Notleidenden stillen von dir aus ihre Bedürfnisse. [190] In dir wurde das Taufversprechen erfüllt, denn in dir wurden alle Jünger im Geiste und im Feuer getauft4. Babylon hat dich herausgefordert; war es denn nicht auch eine Sprachenverwirrung, was in dir vorging? Doch du hast Babylon weit übertroffen im lieblichen Zusammenklang aller Sprachen. Dort wurden die Sprachen verwirrt auf den Spruch des Richters hin, in dir aber verteilte der Heilige Geist in aller Liebe sämtliche Sprachen. Ein geistiges Babylon möchte ich dich darum nennen, eine auserwählte Gemeinde5, welche das Lob Gottes in allen Sprachen singt. Der Fluß Jordan steht weit zurück hinter dir und der Taufe, die in dir erteilt wurde, denn du hast Feuer, jener aber nur Wasser6. Wie soll ich dich überhaupt nennen? [200] Denn „Johannes taufte nur mit Wasser“, so hieß es7, „ihr aber werdet wahrhaftig mit dem Heiligen Geiste und mit Feuer getauft werden“. Dieses Taufversprechen ist in dir erfüllt worden, denn Feuer und Geist wurde in dir den Söhnen des Lichtes mitgeteilt.

An einem großen Feste, da alle Völker versammelt waren, ertönten vom Abendmahlssaale her neue, bisher nie gehörte Laute. Es hörten die Griechen und Auswärtigen ihre Muttersprache von den Jüngern, die ganz und gar in Judäa8 aufgewachsen waren. Es kamen Barbaren aus Völkern, die weit entfernt waren und vernahmen ihre Muttersprache vom Abendmahlssaale her. [210] Die Juden aber, die durch ihre Umtriebe die Wahrheit zu verdunkeln suchten, stellten auch dieses ganz augenscheinliche Wunder in Abrede. „Sie haben Most getrunken, sind berauscht und darum von Sinnen“9. O ihr Betrüger, wer sich betrinkt, der bringt seinen Geist in Un- S. 279 ordnung; der Genuß des Weines verleiht doch nicht die Gabe, eine neue Sprache zu sprechen, und der Most bewirkt nicht vernünftiges Reden. Wenn sie aber Most getrunken haben und berauscht sind, wie ihr glauben machen wollt, dann muß ihre Sprache auch vorher schon verwirrt gewesen sein. Siehe, sie sind erleuchtet und reden so in allen Sprachen; welcher Wein vermag solche Kenntnis beizubringen? [220] Der Gekreuzigte ist es vielmehr, der sie mit seinem Wein zum Reden begeistert hat und von ihm haben sie die neue Weisheit ohne Unterricht empfangen. Seht, der Traubensaft, den das Volk auf Golgotha ausgepreßt hat, er wallt in ihnen auf und lehrt sie alle Sprachen. Der neue Wein, den die Seite des Sohnes ergossen hat, ward ihnen zum Lehrmeister, belehrt und unterrichtet sie. Wo saht ihr je einen betrunkenen Menschen, wie ihr meint, der in neuen Sprachen redete, wie ihr hier es vernehmt? Wer Wein trinkt und sich berauscht, verliert vielmehr die Sprache, doch woher kommt es, daß diese alle Sprachen verstehen? [230] Wohlan, Jude, der du die Aufrichtigkeit hassest und an der Wahrheit zweifelst, der du geblendet bist vom Neide, deine Freude an Streitigkeiten hast und von Eifersucht gequält bist, der du verleumdest und Trug redest und in deinem Stolze das Richtige verwirfst, das Dunkle aber liebst, der du nach dem Schatten haschest, vom Leben aber dich abwendest, der du ein Feind des Tages bist und selbst die Sonne anzweifelst, aber ein Freund der Nacht, ein Sohn der Finsternis bist, der du auf Irrwegen wandelst und Ärgernis gibst, den Vater beleidigt, den Sohn gekreuzigt und des Heiligen Geistes dich selber beraubt hast, komm und siehe und schau den Sohn an, wie ähnlich er dem Vater ist! Komm und vertiefe dich in ihn, denn er ist durchaus nicht verschieden von seinem Erzeuger! Aus seinem Verhältnis wirst du schließen können, wessen Sohn er ist. [240] Seine Absichten werden dich überzeugen, wer sein Vater ist, und seine Werke beweisen, daß er wahrhaftig der Sohn Gottes ist. Freilich auch die Sonne ist, obwohl sie hell erstrahlt und ihr Licht erglänzen läßt, für den Blinden, der sie nicht sieht, ein unbekanntes Ding. Vom Abendmahlssaale wie von Ba- S. 280 bel geht das Verständnis dafür aus, wie ähnlich der Sohn dem Vater in seinen Werken ist. Durch die Sprachen, welche hier wie dort verteilt werden, wirst du über die Gleichheit von Vater und Sohn erleuchtet werden.


  1. Joh. 20, 22. ↩

  2. Apg. 2, 2 f. ↩

  3. Ebd. 2, 4. ↩

  4. Matth. 3, 11; Mark. 1. 8; Luk. 3, 16; Joh. 1, 26. ↩

  5. Wieder Anspielung auf 1 Petr. 5, 13; vergl. oben. ↩

  6. Anspielung auf Matth. 3, 6. ↩

  7. Matth, 3, 11; Mark. 1, 8; Luk. 3, 16; Joh. 1, 26. ↩

  8. Hier im weiteren Sinne = Judenland mit Einschluß Galiläas zu nehmen; denn die Jünger waren bekanntlich ausnahmslos Galliläer. ↩

  9. Apg. 2, 13. ↩

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