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Bibliothek der Kirchenväter
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Works John Chrysostom (344-407) Homilien über den Brief an Titus (BKV)
Zweite Homilie.

II.

7. Es muß nämlich ein Bischof unbescholten sein als Haushälter Gottes, nicht herrisch, nicht zornmüthig, kein Säufer, kein Gewaltthätiger.

Der weltliche Herrscher, der mittelst Gesetz und Zwang regiert, braucht sich natürlich um die Meinung, die seine Unterthanen von ihm haben, nicht viel zu kümmern; wer aber Leute regieren muß, die ihren freien Willen haben, und die ihm für seine Regierung dankbar sein sollen, — wenn Der bloß seine Willkür in Allem zur Richtschnur nähme und Niemand Rechenschaft schuldig zu sein wähnte, dann führt er sein Scepter mehr als ein Tyrann denn als ein Mann des Volkes.

Ein Bischof muß unbescholten sein als Haushälter Gottes, nicht herrisch, nicht zornmüthig.

Denn wie wird er Andere zur Beherrschung dieser Leidenschaft anleiten, wenn er sich nicht erst selber dazu angeleitet hat? Sein bischöfliches Amt verwickelt ihn ja in gar manche Verdrießlichkeiten, macht auch den sehr ge- S. 429 mäßigten Mann diffiziler und grämlich, da es tausend Anlässe zum Zorne bietet. Ist er nicht vorher solcher Stimmungen Herr geworden, so führt er sein Amt zu scharf, verdirbt und ruinirt gar Vieles.

„Kein Säufer, kein Gewaltthätiger.“ Der Apostel meint hier den Polterer. Sanfte Zurede ist überall am Platze, nicht Schreien und Poltern. Denn sag’ mir, was soll das Poltern? Mit der Drohung der Hölle soll man die Sünder schrecken, ängstigen und ihnen zu Leibe gehen. Denn wenn man Einen schmäht, dann wird er trotziger und empfindet eher Verachtung gegen den Polterer. Nichts fordert ja so sehr die Verachtung heraus als das leidenschaftliche Auftreten; es ist dazu angethan, einen Mann zu discreditiren, läßt die nothwendige Hochachtung nicht aufkommen. Die Rede eines Bischofs muß voll ruhigen Ernstes sein, Sündern gegenüber muß er an das Strafgericht im Jenseits erinnern, frei von allen Ausbrüchen der Leidenschaft. Sind Leute da, die ihm seine Pflichterfüllung durch Opposition erschweren, dann muß er dagegen mit seiner ganzen Autorität auftreten, nicht als ein „Gewaltthätiger“. Der Lehrer ist ein Arzt der Seelen; aber ein Arzt tritt nicht gewaltthätig auf, sondern er heilt und pflegt Denjenigen, dem eine Gewalthat zugefügt worden.

Nicht schändlicher Gewinnsucht ergeben. 8. Sondern gastfrei, ein Freund alles Guten, weise, gerecht, heilig, enthaltsam, 9. Festhaltend an dem nach der Lehre zuverlässigen Worte.

Siehst du, welch hohen Grad der Tugend der Apostel verlangt? „Nicht schändlicher Gewinnsucht erge- S. 430 *ben,“ sagt er, d. h. er soll eine große Verachtung des Geldes zur Schau tragen.

„Gastfrei, ein Freund alles Guten, weise, gerecht, heilig“ soll er sein; all seinen Besitz soll er an die Armen vertheilen; dann „enthaltsam“. Damit ist nicht das Fasten gemeint, sondern die Herrschaft über die Leidenschaften, über die Ausschreitungen der Zunge, der Hände, der Augen. Darin besteht ja die Enthaltsamkeit, daß man nicht der Sklave irgend einer Leidenschaft ist.

Festhaltend an dem nach der Lehre zuverlässigen Worte. „Zuverlässig“ (πιστός) ist hier so viel wie „wahr“, oder es bezeichnet das durch den Glauben (πίστις) überlieferte Wort, das keiner Vernunftschlüsse, keiner Grübeleien bedarf. „Festhaltend,“ d. h, es reiflich überdenkend und seine Verkündung als Lebensaufgabe betrachtend. Wie nun, wenn er der profanen Wissenschaft nicht kundig wäre? Die braucht er nicht; deßhalb spricht der Apostel bloß von dem „nach der Lehre zuverlässigen Worte“. „Damit er im Stande sei, zu unterweisen und die Gegner zu widerlegen.“ Also er braucht keinen rhetorischen Prunk, sondern nur gesunden Verstand, Kenntniß der heiligen Schrift und Gewalt über die Herzen. Siehst du nicht, wie der heilige Paulus den ganzen Erdkreis umgeändert und mehr Gewalt gehabt hat als Plato und alle andern Philosophen? Ja, durch seine Wunderthaten, sagst du. O nein, nicht bloß durch seine Wunder! Denn wenn du in der Apostelgeschichte liesest, so wirst du finden, daß er oftmals durch sein bloßes Lehrwort gewirkt hat vor jedem Wunder.

„Damit er im Stande sei, zu unterweisen in der gesunden Lehre,“ d. h. zum Schutze für seine Ge- S. 431 meinde und zur Vernichtung der Feinde „und die Gegner zu widerlegen“. Geschieht Das nicht, so ist Alles verloren. Wer es nicht versteht, mit den Feinden zu kämpfen und „jeden Gedanken gefangen zu nehmen zum Gehorsame Christi“1 und die Trugschlüsse abzuthun, wer nicht weiß, was zu einer richtigen Verkündung des göttlichen Wortes gehört, der bleibe ferne von dem Stuhle eines Kirchenlehrers. Die übrigen Eigenschaften kann man allenfalls auch bei den Laien finden, z. B. die Unbescholtenheit, den Besitz gehorsamer Kinder, die Freude am Guten, die Gerechtigkeit, die Heiligkeit; was aber zumeist den Lehrer charakterisirt, Das ist die Fähigkeit, im Worte Gottes zu unterrichten, — ein Punkt, den man heutzutage gar nicht beachtet.

10. Denn es gibt viele Widerspenstige, Schwätzer und Verführer, besonders die aus der Beschneidung. 11. Diesen muß man das Maul stopfen.

Merkst du, wie der Apostel andeutet, woher es kommt, daß es solche Leute gibt? Daher, daß man nicht gehorchen sondern befehlen will; Das liegt in seinen Worten. Wenn du sie also nicht zum Gehorsame bringen kannst, dann stelle solche Menschen nicht als Bischöfe auf, sondern stopfe ihnen das Maul im Interesse der Andern. Denn was hat man davon, wenn sie nicht gehorsam, ja, wenn sie sogar „widerspenstig“ sind? Warum soll man ihnen „das Maul stopfen“? Damit sie unter den Andern keinen Schaden mehr anrichten.

S. 432 Welche ganze Häuser verkehren, lehrend, was sich nicht ziemt, schändlichen Gewinnes halber.

Wenn Jemand das Lehramt übernommen hat, und er ist nicht im Stande, mit jenen Leuten sich in einen Kampf einzulassen und diesen Unverschämten das Maul zu stopfen, dann ist er in jedem einzelnen Falle schuld an dem Verderben Derer, die zu Grunde gehen. Denn wenn uns Jemand den Rath gibt: „Trachte nicht darnach, ein Richter zu werden, wenn du nicht im Stande bist, dem Unrecht zu steuern,“2 so läßt sich noch viel eher in unserem Falle sagen: „Trachte nicht ein Lehrer zu werden, wenn du des Amtes nicht würdig bist, im Gegentheil, laufe davon, selbst wenn man dich zu demselben heranziehen will!“

Siehst du, wie allenthalben der Geiz und die schändliche Gewinnsucht an all diesen Übeln schuld sind? „Sie lehren,“ heißt es, „was sich nicht ziemt, schändlichen Gewinnes halber.“


  1. II. Kor. 10, 5. ↩

  2. Jes. Sir. 7, 6. ↩

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Commentaire sur l'épître de Saint Paul à Tite Compare
Homilien über den Brief an Titus (BKV)

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