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Regulae pastoralis liber
Caput III.
De pondere regiminis; et quod adversa quaeque
despicienda sunt, et prospera formidanda.
Haec itaque breviter diximus, ut quantum sit pondus regiminis monstraremus, ne temerare sacra regimina quisquis his impar est audeat, et per concupiscentiam culminis, ducatum suscipiat perditionis. Hinc enim pie Jacobus prohibet, dicens: Nolite plures magistri fieri, fratres mei (Jac. III, 1). Hinc ipse Dei hominumque Mediator regnum percipere vitavit in terris, qui supernorum quoque spirituum scientiam sensumque transcendens, ante saecula regnat in coelis. Scriptum quippe est: Jesus ergo cum cognovisset quia venturi essent ut raperent eum, et facerent eum regem, fugit iterum in montem ipse solus (Joan. VI, 15). Quis enim principari hominibus tam sine culpa potuisset, quam is qui hos nimirum regeret, quos ipse creaverat? Sed quia idcirco in carne venerat, ut non solum nos per passionem redimeret, verum etiam per conversationem doceret, exemplum se sequentibus praebens, rex fieri noluit, ad crucis vero patibulum sponte convenit; oblatam gloriam culminis fugit, poenam probrosae mortis appetiit; ut membra ejus videlicet discerent favores mundi fugere, terrores minime timere, pro veritate adversa diligere, prospera formidando declinare, quia et ista saepe per tumorem cor inquinant, et illa per dolorem purgant. In istis se animus erigit, in illis autem etiamsi quando se erexerit, sternit. In istis sese homo obliviscitur, in illis vero ad sui memoriam nolens etiam coactusque revocatur. In istis saepe et anteacta bona depereunt, in illis autem longi quoque temporis admissa terguntur. Nam plerumque adversitatis magisterio sub disciplina cor premitur: quod si ad regiminis culmen eruperit, in elationem protinus usu gloriae permutatur. Sic Saul, qui indignum se prius considerans fugerat, mox ut regni gubernacula suscepit, intumuit (I Reg. X, 22; XV, 17, 30); honorari namque coram populo cupiens, dum reprehendi publice noluit, ipsum qui in regnum se unxerat, scidit (Act. XIII, 22). Sic David auctoris judicio pene in cunctis actibus placens, mox ut pressurae pondere caruit, in tumorem vulneris erupit (II Reg. XI, 3, seq.), factusque est in morte viri crudeliter rigidus, qui in appetitu feminae fuit enerviter fluxus; et qui malis ante noverat pie parcere, in bonorum quoque necem post didicit sine obstaculo retractationis anhelare (Ibid., 15). Prius quippe ferire deprehensum persecutorem noluit, et post cum damno desudantis exercitus etiam devotum militem exstinxit. Quem profecto ab electorum numero culpa longius raperet, nisi hunc ad veniam flagella revocassent.
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Buch der Pastoralregel (BKV)
III. Kapitel: Von der Last des Hirtenamtes und daß man alle Widerwärtigkeiten gering schätzen, das Glück dagegen fürchten müsse
Wir wollten dies nur kurz erwähnen, um die ganze Größe der Last des Hirtenamtes zu zeigen, damit kein Unfähiger es wage, das heilige Führeramt zu verunehren, und in dem Bestreben, eine hohe Stelle einzunehmen, ein Führer zum Abgrund werde. Davor warnt Jakobus mit väterlichen Worten, indem er sagt: „Meine Brüder, es sollen doch nicht so viele aus euch Lehrer werden wollen!“1 Wollte doch selbst der Mittler zwischen Gott und den Menschen, dessen Wissen das der himmlischen Geister und allen Begriff übersteigt, und der von Ewigkeit her im Himmel herrschet, auf Erden sich nicht zum König machen lassen. Es steht nämlich geschrieben: „Als aber Jesus erkannte, daß sie kommen und ihn mit Gewalt nehmen würden, um ihn zum Könige zu machen, floh er abermals auf den Berg, er allein.“2 Wer hätte so ohne alle Schuld über die Menschen herrschen können wie er, der über seine eigenen Geschöpfe regiert hätte? Aber weil er im Fleische gekommen war, nicht nur um uns durch sein Leiden zu erlösen, sondern auch um uns durch seinen Wandel zu belehren, wollte er seinen Jüngern ein Beispiel geben, nicht indem er sich zum König machen ließ, sondern indem er freiwillig das Holz des Kreuzes wählte; er schlug die Herrscherwürde aus und erkor die schmachvolle Todesstrafe, damit seine Glieder lernen möchten, die Weltgunst zu fliehen, kein S. 69 Schrecknis zu scheuen, um der Wahrheit willen Leid zu ertragen, vor dem Glück aber sich zu fürchten; denn dieses befleckt das Herz gar oft mit Hochmut, während jenes es durch Schmerzen reinigt; bei diesem will die Seele sich groß machen, bei jenem aber wird sie, auch wenn sie sich schon groß gedünkt, wieder demütig; bei diesem vergißt sich der Mensch, bei jenem aber muß er an sich denken, wenn auch wider Willen und gezwungen. Bei diesem geht häufig sogar früher erworbenes Verdienst verloren, jenes aber tilgt auch Fehler, die schon vor langer Zeit begangen wurden. Gar oft muß das Herz bei dem Unglück in die Schule gehen; kommt es aber zur Höhe einer leitenden Stelle empor, so wendet es sich schnell zur Selbstüberhebung, da es von allen Seiten Ehrenbezeugungen empfängt. Das war der Fall bei Saul; zuerst hielt er sich für unwürdig und ergriff die Flucht; sobald er aber einmal die Zügel der Regierung in Händen hatte, wurde er übermütig; er verlangte Ehrenbezeugungen von dem Volke, während er sich keine öffentliche Zurechtweisung gefallen ließ, und entfernte sogar denjenigen aus seiner Nähe, der ihn zum Könige gesalbt hatte.3 Ebenso war es bei David. Er, der den Augen des Herrn fast in allen seinen Handlungen wohlgefiel, geriet, sobald er die Last der Leiden entbehrte, in krankhaften Hochmut und zeigte in der Ermordung eines Mannes grausame Härte, nachdem er in der Begierde nach einem Weibe entnervte Schwäche bewiesen hatte; früher wußte er selbst gegen Böse gnädig zu sein; nachher aber lernte er auch nach dem Tode Guter zu lechzen, ohne sich davon abhalten zu lassen. Früher nämlich wollte er seinen Verfolger nicht töten, obwohl er ihn in Händen hatte; später aber ließ er einen ihm ergebenen Krieger töten, mochte dabei auch sein Heer trotz aller Anstrengung geschlagen werden.4 Gewiß hätte ihn diese Schuld weit von der Zahl der Aus- S. 70 erwählten weggerissen, hätte ihm nicht die strafende Geißel wieder Verzeihung erlangt.