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Works Jerome (347-420) Über die beständige Jungfrauschaft Mariens. Gegen Helvidius. (BKV)

4.

Ich will nun die Einzelheiten durchgehen und die Gottlosigkeit auf demselben Wege bekämpfen, auf dem sie sich eingeführt hat, indem ich zeige, daß ihre Behauptungen untereinander in Widerspruch stehen. Helvidius nennt Maria eine Verlobte, aber sofort will er sie, die er eine Verlobte genannt hat, zur Gattin machen. Dann wiederum, nachdem er sie Gattin genannt hat, seil sie sich nach seinen Worten nur zu dem Zweck verlobt haben, um einmal zu heiraten. Damit wir uns nicht zu leicht darüber hinwegsetzen, sagt er: „Sie war eine Verlobte, nicht eine Schutzbefohlene“, d. h. sie war noch nicht Gattin, noch nicht durch das eheliche Band verbunden. — Was nun seine Behauptung angeht: „Von solchen, die nicht zusammenkommen wollten, hätte der Evangelist nicht gesagt: Bevor sie zusammenkamen, weil niemand von einem, der nicht frühstücken will, sagt, bevor er frühstückte“, so weiß ich nicht, ob ich ihn bedauern oder auslachen, der Dummheit oder der Frechheit zeihen soll. Als ob der Satz: „Bevor ich im Hafen frühstückte, segelte ich nach Afrika“ nur unter der Voraussetzung einen Sinn hätte, daß man einmal im Hafen frühstücken muß. Oder wenn man sagen will: „Bevor der Apostel Paulus nach Spanien reiste, wurde er zu Rom ins Gefängnis geworfen“. Oder: „Bevor Helvidius Buße tat, überraschte ihn der Tod“, Da mußte wohl Paulus nach seiner Gefangenschaft sofort nach Spanien reisen, oder Helvidius muß wohl nach seinem Tode sofort Buße tun, während doch die Schrift sagt: „Wer wird vor dir in der Hölle ein Bekenntnis ablegen“1 . Muß man es nicht vielmehr so S. 262verstehen, daß die Präposition „ante“, wenn sie auch oft das, was tatsächlich folgt, anzeigt, doch zuweilen nur das, was man vorher beabsichtigte, andeutet? Daher ist auch nicht notwendig, daß das, was beabsichtigt worden ist, ausgeführt wird, wenn etwas dazwischen kommt, so daß die Absicht nicht verwirklicht werden konnte. Wenn also der Evangelist sagt: „Bevor sie zusammenkamen“, dann zeigt er, daß der Termin der Heirat sehr nahe bevorstand, und daß die Sache schon so stand, daß diejenige, die eben noch Braut gewesen war, anfing, Gattin zu sein; gerade wie wenn er gesagt hätte; „Ehe sie sich küßten und umarmten und die Ehe vollzogen, hatte sie empfangen“. Diese Entdeckung machte jedoch kein anderer als Joseph, der die zunehmende Schwangerschaft bei seinem Rechte, das dem eines Ehemannes beinahe gleichkam, mit Verwunderung wahrnahm. Daraus folgt aber nicht, daß er, wie wir an anderen Beispielen gezeigt haben, mit Maria nach der Geburt zusammengekommen sei, da das Verlangen nach einer solchen Zusammenkunft durch die Empfängnis ausgeräumt war. Wenn aber zu Joseph, im Schlafe gesagt wird: „Fürchte dich nicht, Maria zur Gattin zu nehmen“2 , oder wenn es heißt: „Joseph stand vom Schlafe auf, tat wie ihm der Engel des Herrn vorgeschrieben hatte und nahm seine Gattin zu, sich“3 , so darf dies niemanden, veranlassen zu glauben, sie habe, weil sie Gattin genannt wird, aufgehört, Braut zu sein. Denn uns ist die Gepflogenheit der Heiligen Schrift, die Braut Gattin zu nennen, bekannt. Dies ergibt sich aus folgenden Stellen des Deuteronomiums: „Wenn jemand einer einem Manne verlobten Jungfrau auf dem Felde begegnet und unter Anwendung von Gewalt ihr beiwohnt, dann soll er mit dem Tode bestraft werden, weil er die Gattin seines Nächsten geschwächt hat“4 . Oder: „Wenn ein Mädchen einem Manne verlobt war und es trifft sie ein Mann in der Stadt und wohnt ihr bei, dann führet beide vor die S. 263Tore jener Stadt, und sie sollen gesteinigt werden und sterben. Das Mädchen, weil es nicht geschrien hat, obwohl es in der Stadt war, der Mann aber, weil er die Gattin seines Nächsten geschwächt hat; und ihr sollt das Böse aus eurer Mitte ausrotten“5 . Oder: „Wer ist jener Mann, welcher die Gattin, mit der er verlobt ist, nicht aufnimmt? Er gehe und kehre zurück in sein Haus, damit er nicht im Kriege sterbe und ein anderer Mann sie nehme“6 . Wenn aber jemandem das Bedenken aufsteigt, warum Maria gerade als Verlobte und nicht vielmehr als Jungfrau zu einer Zeit, wo sie ohne Bräutigam, oder wie die Schrift sagt, ohne Mann war, empfing, so möge er sich drei Gründe merken. Zuerst sollte durch das Geschlechtsregister Josephs, mit dem Maria verwandt war, auch Marias Abstammung klargelegt werden. Zweitens geschah es, damit sie nicht, wie das mosaische Gesetz es vorschrieb, als Ehebrecherin vom Volke gesteinigt würde7 . Drittens, damit sie auf der Flucht nach Ägypten den Trost hätte, wenn nicht einen Gatten, so doch wenigstens einen Beschützer zu haben. Wer hätte denn zu jener Zeit geglaubt, daß die Jungfrau vom Heiligen Geiste empfangen hätte? Daß der Engel Gabriel gekommen sei und ihr Gottes Auftrag überbracht habe?8 Hätte man sie nicht vielmehr, wie man an dem Beispiele Susannas erkennen kann, unter Zustimmung aller zum Tode verurteilt?9 Denn heute, wo bereits die ganze Welt gläubig ist, vertreten die Juden noch die Ansicht, dort, wo Isaias sagt: „Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären“, heiße es im Hebräischen „Mädchen“,- aber nicht „Jungfrau“, Aalma עַלְמָה, nicht Bethula בְּתוּלַה10 . Gegen sie werde ich mich an anderer Stelle ausführlicher auslassen. Übrigens, abgesehen von Joseph, Elisabeth, natürlich auch Maria und einigen wenigen, die es von diesen gehört haben mochten, hielten alle Jesus für Josephs Sohn, so daß selbst die Evangelisten als treue S. 264Geschichtschreiber in Anlehnung an die Ausdrucksweise des Volkes Joseph Vater des Erlösers nennen, z.B.: „Er kam11 auf Antrieb des Heiligen Geistes in den Tempel, und als seine Eltern den Knaben Jesus brachten, um seinetwegen zu tun, was nach dem Gesetze Gebrauch war“12 , oder: „Sein Vater und seine Mutter wunderten sich über das, was von ihm gesagt wurde“13 , oder: „Es gingen seine Eltern alljährlich nach Jerusalem zum Osterfeste“14 , oder: „Als die Tage vorüber waren und sie zurückkehrten, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem, und seine Eltern wußten es nicht“15 . Man beachte auch, wie Maria, die Gabriel zur Antwort gegeben hatte: „Wie wird dies geschehen, da ich keinen Mann erkenne“16 , von Joseph spricht: „Mein Kind, warum hast du uns dies getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht“17 . Hier handelt es sich nicht um die Aussage von Juden, wie viele behaupten, oder von Spöttern. Die Evangelisten vielmehr nennen Joseph Vater, und auch Maria bezeichnet ihn als solchen. Dies geschah nicht etwa, wie ich bereits früher betont habe, weil Joseph in Wirklichkeit der Vater des Erlösers gewesen wäre, sondern weil er, um Marias guten Ruf zu wahren, von allen für den Vater gehalten wurde, er der, bevor ihn der Engel ermahnt hatte: „Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als Gattin aufzunehmen; denn was in ihr erzeugt ist, ist vom Heiligen Geiste“18 , damit umging, Maria heimlich zu entlassen. Insoweit wußte er, daß derjenige, der empfangen worden war, nicht sein Sohn sei. Doch habe ich hinlänglich, mehr um zu belehren, als um eine Behauptung zu widerlegen, erörtert, warum Joseph Vater des Herrn und warum Maria Gattin genannt worden ist. Darin ist aber auch kurz enthalten, warum gewisse Personen seine Brüder genannt werden.


  1. Ps. 6, 6. ↩

  2. Matth. 1, 20. ↩

  3. Matth. 1, 24. ↩

  4. Deut. 22, 25, wo allerdings das entscheidende Wort uxor fehlt [V, LXX und T M]. ↩

  5. Deut. 22, 23 f. ↩

  6. Deut. 20, 7. ↩

  7. Deut. 22, 23 f. ↩

  8. Luk. 1, 26. 35. ↩

  9. Dan. 13, 41. ↩

  10. Is. 7, 14. ↩

  11. nämlich Simeon ↩

  12. Luk. 2, 27. ↩

  13. Luk. 2, 33. ↩

  14. Luk. 2, 41. ↩

  15. Luk. 2, 43. ↩

  16. Luk. 2, 34. ↩

  17. Luk. 2, 48. ↩

  18. Matth. 1, 20. ↩

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Über die beständige Jungfrauschaft Mariens. Gegen Helvidius. (BKV)

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