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Works Fulgentius of Ruspe (467-533) Einleitung zur Fulgentius-Vita

3. Die Lage der katholischen Kirche im Vandalenreich

Wenn auch der Verfasser der Vita historischen Sinn vermissen läßt, so ist sein Werk nichtsdestoweniger neben der Darstellung Viktors, des Bischofs von Vita, der Chronik des Prosper Tiro, dem anonymen later- S. 43 culus regum Vandalorum und den Werken des Possidius und Prokop eine wichtige Quelle für die Kirchen- und Kulturgeschichte im damaligen Afrika. Denn an der absoluten Glaubwürdigkeit des Ferrandus ist trotz seiner einseitig aszetisch-panegyrischen Darstellungsweise ebensowenig zu zweifeln wie an der Zuverlässigkeit der Tatsachen, die er nach seinen Angaben mit eigenen Augen gesehen oder von Fulgentius gehört hat.

Zum besseren Verständnis der von Ferrandus geschilderten Ereignisse sei im folgenden eine kurze Zusammenfassung der Geschichte der katholischen Kirche in Afrika unter der Herrschaft der Vandalen voraus geschickt.

Im Mai des Jahres 429 waren die Vandalen, nachdem die mit ihnen verbündeten Sueben in Spanien zurückgeblieben waren, in Stärke von 80 000 Mann unter ihrem Führer Geiserich in Afrika gelandet. Wie in Gallien und Spanien, bezeichneten auch hier furchtbare Greuel den Weg, den sie nahmen. Im Juni des Jahres 430 erschienen sie vor den Mauern der Stadt Hippo regius, in welcher damals der greise Augustinus auf dem Sterbebett lag; vierzehn Monate dauerte die Belagerung der Stadt, während die übrigen Plätze fast ohne Widerstand in die Hände der Barbaren fielen. Da es den Römern aber gelang, die Stadt Karthago zu halten, sah sich Geiserich gezwungen, mit dem Römerreich in Friedensverhandlungen zu treten. Im Februar 435 wurde in Hippo regius der Friede geschlossen, auf Grund dessen der Vandalen- führer als Verbündeter in den Dienst des römischen Reiches trat; als Entgelt wurde den Vandalen zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes Land angewiesen. Sobald sich aber Geiserich stark genug fühlte, brach er das Treueverhältnis, indem er im Oktober 439 die Stadt Karthago, deren Bewohner sich einem sorglosen Genuß leben überlassen hatten, plötzlich überfiel und in seine Gewalt brachte. Zu den Senatoren, die nach der Einnahme der Hauptstadt ihres Vermögens beraubt und des Landes verwiesen wurden, gehörte auch Gordianus, der Großvater des hl. Fulgentius.

Mit der Errichtung eines selbständigen Vandalen- S. 44 reiches in Afrika begann für die einheimischen Katholiken eine Zeit der schlimmsten Verfolgung, die mit wechselndem Druck fast bis zum Untergang der Vandalenherrschaft andauerte, Der Hauptgrund der Katholikenverfolgung, die uns Viktor von Vita in seiner Historia persecutionis Africanae provinciae eingehend beschrieben hat, lag in dem arianischen Bekenntnis der Eroberer, die zu ihrem grausamen Vorgehen noch angestachelt wurden durch den in Afrika selbst ansässigen Arianismus, dessen Ausrottung ja der Lebenskampf des hl. Augustinus gegolten hatte. Unterstützung fanden die Vandalen ferner bei den Donatisten, die ihren Hauptsitz in Numidien hatten. Denn wenn auch durch das Auftreten Augustins und die energischen kaiserlichen Strafbestimmungen seit der Synode von Hippo im Jahre 411 viele Donatisten wieder zur Kirche zurückgekehrt waren, war doch der Donatismus in Afrika noch nicht erloschen; Spuren dieser Irrlehre finden sich in Afrika noch im 8. Jahrhundert.1 Erbittert durch die wirklich harte Behandlung, die sie von den römischen Kaisern erduldet hatten, traten nun beim Eindringen der Vandalen viele Donatisten oder ehemalige Donatisten zum Arianismus über und suchten sich an den Katholiken zu rächen, wie andererseits die Vandalenkönige zur Rechtfertigung ihres Vorgehens gegen die Katholiken sich auf die Zurücksetzung der Arianer im römischen Reich beriefen. Nicht zuletzt spielten auch politische Rücksichten bei der Verfolgung mit, sofern die Katholiken wegen des gleichen Glaubens mit den Bewohnern des römischen Reiches als unzuverlässige Untertanen galten.

Die Eroberung Karthagos war der Beginn einer allmeinen Verfolgung der katholischen Kirche. Quodvultdeus, der Bischof von Karthago, wurde mit anderen Bischöfen auf lecke Schiffe gebracht und den Zufällen des Meeres überlassen, gelangte aber glücklich nach Neapel. Er starb in der Verbannung in Campanien, und es bedurfte erst diplomatischer Verhandlungen durch Kaiser Valentinian, bis Geiserich im Jahre 454 die Neubesetzung des Bischofsstuhles der Hauptstadt durch Deo gratias erlaubte, der übrigens sein Amt nur drei Jahre ausüben konnte. Nach seinem Tod war der bischöfliche Stuhl 24 Jahre lang verwaist, bis er endlich unter der Regierung Hunerichs durch die Wahl des Eugenius aufs neue besetzt wurde. Ähnlich erging es in den übrigen Diözesen, so daß beim Tode Geiserichs am 25. Januar 477 nur noch drei afrikanische Bischofsstädte ihre Hirten hatten. Die katholischen Kirchen wurden beschlagnahmt und für den arianischen Gottesdienst verwendet, wie z.B. die Kathedrale Restituta in der Hauptstadt, das kirchliche Vermögen und die kirchlichen Geräte eingezogen, Geistliche und Laien um ihres Glaubens willen, oftmals unter den gräßlichsten Martern, mit dem Tode bestraft. Bekannt ist das Martyrium des Lektors von Regia, dessen Kehle von einem Pfeil durchbohrt wurde in demselben Augenblick, in dem er das österliche Alleluja anstimmte.

Hunerich, der älteste Sohn Geiserichs, der im Widerspruch zum vandalischen Thronfolgegesetz seinem Vater in der Regierung folgte, war nach der Plünderung Roms mit Eudoxia, der Tochter des römischen Kaisers Valentinian III., vermählt worden, die jedoch im Jahre 472 ihren Gatten, angeblich wegen Abneigung gegen den arianischen Glauben, verlassen hatte und nach Jerusalem geflüchtet war. Anfänglich zeigte sich Hunerich mild gegen die Katholiken, wohl aus Furcht vor Verwicklungen mit Byzanz. Bald aber sollten, nachdem er zunächst die im Lande wohnenden Manichäer und die Familien seiner Brüder Theoderich und Gento verfolgt hatte, auch die Katholiken seine grausame Natur kennenlernen. Der Grund dieses Stimmungswechsels ist außer in dem Charakter des Königs und der Hetze der arianischen Geistlichkeit, besonders des arianischen Patriarchen Cyrila, in dem Umstand zu suchen, daß vom römischen Kaiser die bei der Wiederbesetzung des karthagischen Bischofsstuhles eingegangene Verpflichtung, die antiarianischen Gesetze im römischen Reich außer Kraft zu setzen, nicht eingehalten wurde.

Fulgentius, der bei der Thronbesteigung Hunerichs ein zehnjähriger Knabe war, wurde so in seiner Jugend Zeuge einer der schlimmsten und blutigsten Verfolgungen, die die katholische Kirche erduldet hat. Er sah S. 46 wohl in seiner Vaterstadt den Trauerzug der 4966 Katholiken, Priester wie Laien, der von Sicca Veneria und Lares in der Proconsularis aus durch die Städte der Byzacena sich wahrscheinlich nach Kapsa bewegte, um dort in der Wüstengegend das Los der Verbannung um des Glaubens willen zu ertragen. Als Jüngling nahm er Teil an der Trauer um die Bischöfe, die nach dem am 1. Februar 484 mit aller Hinterlist zu Karthago abgehaltenen Religionsgespräch bei einer Begegnung mit dem König unter den Hufen der Pferde seines Gefolges niedergeritten oder, sofern sie diese Grausamkeit überlebten, verbannt und zu harten Zwangsarbeiten verurteilt wurden. Er erlebte die heftige, in die Hände der arianischen Priesterschaft gelegte allgemeine Katholikenverfolgung, aus der nur das von mehreren Zeitgenossen bezeugte Wunder von Tipasa angeführt werden soll. Vergeblich versuchte der byzantinische Kaiser Zenon dem Wüten der Vandalen Einhalt zu gebieten; Hunerich ließ die grausamen Hinrichtungen vornehmen in den Straßen, die der kaiserliche Gesandte passieren mußte, um in den Königspalast zu gelangen.

Die Pest, die unter den verbannten Katholiken so viele Opfer forderte, ergriff wahrscheinlich auch Hunerich, der am 23. Dezember 484 eines frühen Todes starb.

Guntamund (484—496), der älteste Sohn Gentos, des Bruders des verstorbenen Hunerich, der seinem Oheim auf dem Königsthron folgte, gab den Katholiken allmählich ihre Freiheit wieder. Im dritten Jahr seiner Regierung rief er den Bischof Eugenius aus der Verbannung zurück und ließ den Katholiken das in der Vita erwähnte coemeterium des Märtyrers Agileus wieder einräumen. Im Jahre 494 gestattet er allen durch Geiserich und Hunerich verbannten Bischöfen und Priestern die Rückkehr in die Heimat und die ungestörte Ausübung des Gottesdienstes.

Die bischöfliche und schriftstellerische Tätigkeit des Fulgentius fällt fast ganz in die Regierungszeit des Königs Thrasamund, der wegen seiner Schönheit, seines Großmutes und seiner Mäßigung gegenüber den Katholiken von Prokop gerühmt wird. Er regierte von 496 bis 523. Hinsichtlich der Methoden, die er gegen die katho- S. 47 lische Kirche in seinem Lande anwandte, hat man ihn nicht mit Unrecht mit Julian dem Apostaten verglichen. Der baulustige, in den Wissenschaften bewanderte Fürst schrak zwar nicht davor zurück, in Einzelfällen das Blut von Katholiken zu vergießen oder ihre Bischöfe, unter ihnen auch den heiligen Fulgentius, in die Verbannung zu schicken und die Wiederbesetzung der erledigten Bischofssitze zu untersagen, aber im allgemeinen liebte er gewaltsames Vorgehen nicht, um das alte Ziel der vandalischen Religionspolitik, die Alleinherrschaft des Arianismus, zu erreichen. Lieber ließ er durch seine Poeten die katholische Lehre verspotten, die zum Arianismus übertretenden Katholiken mit Ehren und Ämtern belohnen und Verbrecher, die sich arianisch taufen ließen, in Freiheit setzen. Es paßt ganz in diese Methode, wenn der für theologische Fragen sehr interessierte König durch einen seiner Offiziere Fulgentius von Sardinien nach Karthago bringen ließ in der Hoffnung, durch öffentliche Besiegung des bedeutendsten Vorkämpfers der katholischen Lehre dieser in seinem Reich einen tödlichen Stoß zu versetzen.

Wie ernst es Thrasamund mit seinem Vernichtungswillen gegen die katholische Religion war, beweist die Tatsache, daß er seinem Nachfolger Hilderich vor seinem Tod das eidliche Versprechen abnahm, die Verfolgungsdekrete nicht zurückzunehmen. Hilderich rief, um seinem Eid nicht untreu zu werden, die verbannten Bischöfe und Priester daher noch vor seinem Regierungsantritt zurück; auch die Stadt Karthago bekam jetzt in der Person des Bonifacius einen neuen Oberhirten. Im Jahre 525 konnte in der Hauptstadt wieder eine Synode stattfinden, an welcher sich 60 afrikanische Bischöfe beteiligten.

Als Hilderichs Truppen im Kampf mit dem Maurenführer Antalas, der den südlichen Teil der Byzacena beunruhigte, unterlagen, wurde der bei den Vandalen unbeliebte Hilderich entthront, ins Gefängnis geworfen und schließlich getötet. Sein Nachfolger wurde im Jahre 530 sein Vetter Gelimer, dessen Herrschaft nach vierjährigem Bestand von Belisar vernichtet wurde. Zwei S. 48 Jahre vor dem Zusammenbruch des Vandalenreiches war Fulgentius gestorben.

Seine politische Einteilung hatte Afrika unter Diokletian erhalten, durch Konstantin den Großen war die Reichsorganisation noch ausgebaut worden. Der westlich der Großen Syrte gelegene Teil zerfiel in sieben Provinzen: Tripolitana mit der Hauptstadt Tacapae, daran anschließend Byzacena, in der sich die Geschichte des Fulgentius abspielt, dann die Zeugitana oder Proconsularis mit der Hauptstadt Karthago, Mauretania Sitifensis, Mauretania Caesariensis und Mauretania Tingitana.


  1. Vgl. L. Schmidt, Geschichte der Vandalen. Leipz. 1900,60. ↩

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Fulgentius von Diakon Ferrandus von Karthago (BKV)
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Einleitung zur Fulgentius-Vita

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