5. Die Weissagungen der Sibyllen.
Fügen wir nun ein Wort über die Seherinnen an. Nach Varro hat es zehn Sibyllen gegeben1, nämlich erstens die persische, zweitens die libysche, drittens die delphische, viertens die cimmerische, fünftens die erythräische, sechstens die samische, siebtens die kumanische, achtens die hellespontische, neuntens die phrygische, zehntens die tiburtische Sibylle; die letztere wird auch Albunea genannt. Von all diesen gehören nur der Sibylle von Kumä drei Bücher an, welche die Schicksale der Römer enthalten und geheim gehalten werden. Von den übrigen Sibyllen ist jeweils nur ein Buch vorhanden und jedermann zugänglich; die Bücher tragen die Aufschrift: Sibyllinische Bücher. Nur die Sibylle von Erythrä, die zu den Zeiten des trojanischen Krieges gelebt haben soll, hat ihren wahren Namen auf ihr Buch gesetzt; die Bücher der übrigen acht Sibyllen sind nicht ausgeschieden. So Varro. Alle die genannten Sibyllen, außer der kumäischen, die nur von den Fünfzehnmännern gelesen werden darf, legen Zeugnis ab von einem Gott; er ist ihnen „der Herrscher, Schöpfer und Vater; er ist von niemand erzeugt, S. 136 sondern aus sich selbst entsprossen; er ist von Ewigkeit und bleibt in Ewigkeit; ihn allein muß man darum anbeten, ihn allein fürchten; ihn allein muß alles Lebendige ehren“. Ihre Zeugnisse konnte ich nicht abkürzen und habe sie darum übergangen; sie sind, wenn du sie wünschest, in den „Unterweisungen“ zu finden.
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Von den älteren Sibyllen sind nur noch kleine Bruchstücke vorhanden; die von Laktantius verwerteten und noch vorhandenen „sibyllinischen Weissagungen“ gehören teils der hellenistisch-jüdischen (ca. 130 v. Chr.), teils der christlichen Zeit an (ca. 130-180 n. Chr.). ↩
