1.
Es ist mir sehr aufgefallen, daß hier die Seele, wie sie es andeutet, mit jemand zu sprechen scheint, während sie von einem anderen den Frieden begehrt. Sie sagt nämlich: »Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes«, und sogleich bemerkt sie, wie es scheint, jenem gegenüber, bei dem sie weilt: »Deine Brüste sind lieblicher usw.« Wie dies zu verstehen ist, weiß ich nicht, aber gerade dieses Nichtverstehen macht mir Freude; denn die Seele, meine Töchter, soll in der Tat nicht so sehr das ins Auge fassen und sich nicht so sehr von dem einnehmen und mit Ehrfurcht gegen Gott erfüllen lassen, was ihr kurzsichtiger Verstand hienieden fassen kann, sie soll vielmehr unter dem Eindruck dessen stehen, was sie in keiner Weise zu begreifen vermag. Darum empfehle ich euch sehr, beim Lesen eines Buches oder beim Anhören einer Predigt oder bei Betrachtung der Geheimnisse unseres heiligen Glaubens euch nicht mit spitzfindigem Nachdenken über das abzumühen, was ihr nicht fassen könnt. Dies schickt sich nicht für Frauen und ist oft selbst Männern nicht ratsam. Will der Herr, daß wir es verstehen, so vollbringt es Seine Majestät ohne Bemühen von unserer Seite.
