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Works Philo of Alexandria (-20-50) De vita Mosis Über das Leben Mosis
Erstes Buch

6.

Gleich mit dem Hinaustreten aus den Grenzen des Kindesalters strengte er sein Denken an und liess nicht wie manche den jugendlichen Begierden die Zügel schiessen, obwohl diese in dem reichen Aufwande, den das Prinzentum bietet, unzählige Reizmittel hatten, sondern hemmte gewaltsam ihr Vorwärtsstürmen, indem er sie durch Mässigung und Willensstärke gewissermassen wie durch Zügel fesselte. Aber auch alle anderen Seelenstimmungen, deren jede sich selbst überlassen von Haus aus zu wahnwitzigen Ausschreitungen geneigt ist, suchte er fügsam, sanft und mild zu machen; wenn er aber irgend einmal unvermerkt auch nur in Aufregung geriet und sich überhob, wandte er eher wuchtige Züchtigung gegen sich an als Tadel mit Worten. Überhaupt überwachte er die ersten Regungen und Triebe der Seele wie ein störrisches Pferd, denn er fürchtete, sie könnten der zur Lenkerin bestimmten Vernunft voraneilen und alles über den Haufen werfen. Denn sie sind die Ursachen des Guten und des Bösen, des Guten, wenn sie der Führung der Vernunft sich fügen, seines Gegenteils, wenn sie zur Gesetzlosigkeit ausarten. Natürlicherweise waren seine Genossen und alle andern voller Staunen, und wie von einem nie gesehenen Schauspiel betroffen forschten sie, welcher Art der in seinem Körper wohnende und in ihm sich darstellende Geist sei, ob ein menschlicher oder ein göttlicher oder ein aus beiden gemischter; hatte er ja nichts der Menge Gleiches an sich, sondern er überragte sie und erhob sich zu höherem Streben. Den leiblichen Genüssen zollte er keinen grösseren Tribut als den notwendigen, den die Natur forderte, an niedere Sinneslust dachte er überhaupt nicht ausser der zur Erzeugung ehelicher Kinder. So wurde er in hervorragendem Masse ein Jünger der Bedürfnislosigkeit, spottete der üppigen Lebensführung wie kein anderer — denn nur in der Seele allein, nicht im Körper, zu leben war sein Sehnen — und verwirklichte die Lehren der Philosophie durch sein alltägliches Tun, sprach wie er dachte und handelte entsprechend seinen Worten, so dass er Rede und Leben mit einander verband, damit wie seine Rede so sein Leben und wie sein Leben so seine Rede als im Einklang miteinander erprobt würden wie harmonische Klänge auf einem Musikinstrument (Vgl. unten II § 140.). Die meisten werden, auch wenn nur ein winziger Hauch des Glückes sie trifft, aufgeblasen und aufgebläht und nennen in ihrer Überhebung über die Niedrigeren diese Auswurf, lästiges Gesindel und unnütze Last für die Erde und mit ähnlichen Namen, als hätten sie die Unveränderlichkeit ihres Glückes ganz sicher unter Siegel wohl verbürgt, obwohl sie vielleicht nicht einmal bis zum folgenden Tage in gleicher Lage zu bleiben erwarten dürfen. Denn es gibt nichts Unbeständigeres als das Glück, das die menschlichen Geschicke wie im Brettspiel hinauf- und hinabzieht, das oft an einem Tage den Hohen stürzt und den Niedrigen hoch emporhebt (Anspielung auf Worte des Euripides (frg. 420), die an anderer Stelle (Über die Träume I § 154) wörtlich von Philo angeführt werden.). Und obwohl sie dies täglich sich ereignen sehen und genau kennen, blicken sie gleichwohl mit Geringschätzung auf Angehörige und Freunde herab, übertreten die Gesetze, in denen sie geboren und auferzogen sind, rütteln an der väterlichen Sitte, die keinerlei berechtigter Tadel trifft, fallen von ihr ab und denken in ihrem Gefallen an der Gegenwart gar nicht mehr an die Vergangenheit (Hier scheint Philo auf Vorgänge seiner Zeit anzuspielen, wie er sie zum Teil in der eigenen Familie erlebte. Von seinem abtrünnigen Neffen Tiberius Alexander, der es später bis zum Prokurator von Judäa (64) brachte, unter Nero Statthalter von Ägypten war, wo er einen Aufstand blutig unterdrückte, und auch im jüdischen Kriege den Römern wesentliche Dienste leistete, sagt sein politischer Gesinnungsgenosse Josephus (Alt. XX § 100): „Er blieb den väterlichen Sitten nicht treu". Sollte vielleicht die hier mit so auffallender Ausführlichkeit entworfene Schilderung der Entwickelung des jungen Moses eine Mahnung für den begabten, aber ehr-geizigen Bruderssohn sein?).

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Einleitung und Inhalt: Über das Leben Mosis

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