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Wenn wir also Georg von Sarug als Dichter des Panegyrikus annehmen dürften, würde sich seine Verwechslung in der Überschrift mit Georg, dem Schüler Jakobs von Sarug, für welchen dieser die Zenturien des Evagrius auslegte, ebensoleicht erklären als die Verwechslung dieses letzteren Georg mit dem Völkerbischof bei Barhebräus oder die obenerwähnte des Völkerbischofes mit dem Georg von Sarug, ja sogar noch leichter. Denn bei einem Lobgedicht auf Jakob lag es von vorneherein nahe, einen Schüler des Gefeierten in dem Dichter zu vermuten.
Wir können nunmehr auf das Leben unseres Jakobs selbst eingehen. Da er am 29. November 521 nach einem Episkopat von zwei und einem halben Jahre gestorben ist, so muß er etwa gegen Ende April 519 Bischof von Batnä geworden sein. Damals stand er nach dem Zeugnis der römischen Biographie im 68. Lebensjahr; mithin ist seine Geburt auf das Jahr 451 anzusetzen. Sein Geburtsort, welchen die römische wie die Londoner Lebensbeschreibung Kurtam am Euphrat nennt, scheint in der Diözese Sarug gesucht werden zu müssen, da in Georgs Panegyrikus V. 549 behauptet wird, Jakob habe sich von seiner Kindheit an bis zu seinem Greisenalter in seiner Mutterkirche aufgehalten. Alle drei Biographien stimmen darin überein, daß er, aus einer bis dahin unfruchtbaren Ehe entsprossen, durch die Gebete, Almosen und Gelübde seiner Eltern erlangt worden sei; die Londoner Handschrift erwähnt insbesondere eine Wallfahrt beider Gatten zum Grabe eines heiligen Debarchedeth. Nach Georg wäre Jakobs Vater Priester gewesen. Diese Angabe kann auf Wahrheit beruhen; immerhin bleibt jedoch zu bedenken, daß noch zur Zeit des hl. Hieronymus der ganze Orient, d. h. das antiochenische Patriarchat, dieselbe Zölibatspraxis befolgte wie S. 256 die Patriarchate von Rom und Alexandrien. Alle diese Kirchen erteilten die höheren Weihen nur Unverheirateten oder solchen, die sich zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft verpflichteten. Nur in den unter Konstantinopel stehenden Kirchen von Thrakien und Kleinasien scheint schon damals die später im ganzen Morgenland herrschend gewordene laxere Praxis eingerissen zu sein.
Nach dem Londoner Anonymus ist Jakob in Haura erzogen worden, wo er später Chorepiskopus war. Wahrscheinlich aber studierte er, wie ein späterer syrischer Schriftsteller berichtet1, mit Barsaumas und Philoxenos von Mabugh an der theologischen Schule zu Edessa, ohne daß man daraus notwendig folgern müßte, er sei in seiner Jugend Nestorianer gewesen.
Der Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit wird von Georg und von der römischen Handschrift2 in sein zweiundzwanzigstes Lebensjahr verlegt und mit einer Untersuchung seiner Lehre durch fünf Bischöfe in Verbindung gebracht. Dieses Geschichtchen wollen wir wörtlich aus dem georgianischen Panegyrikus übersetzen, um dem Leser zugleich eine Probe dieses vorher kurz besprochenen Schriftstückes zu geben:
„Wenn aber du, der du nach Belehrung strebst, zu wissen verlangst, in welcher Zeit jener mit seiner Lehre begann, so höre, was ich dir der Wahrheit gemäß mitteilen werde, wie ich es gehört habe aus der Erzählung über ihn und von dem Lehrer! Als er im Alter von zweiundzwanzig Jahren stand, flog die Kunde von seiner Lehrgabe aus in alle vier Weltgegenden, und es begannen die Menschen von allen Orten her zu ihm zu kommen, um von den Schätzen, die ihm der Geist, verlieh, ihren Anteil zu nehmen. Von dieser Zeit an brach seine Lehre hervor gleich einem Meere und fing an, alle vernunftbegabten Äcker zu tränken mit dem Tranke des Lebens, welchen der Heilige Geist in ihm wie in einer Wasserleitung gemischt hatte, und welcher weit süßer und lieblicher als der feinste Honig war.
