2.
A. Für niemanden ist es zweifelhaft, Critobulus, daß alles vom Willen dessen abhängt, welcher Schöpfer aller Dinge ist, und daß wir alles, was wir besitzen, seinem Wohlwollen zuschreiben müssen. Aber S. 342 ich frage: „Wenn du die Gnade Gottes zugibst, verstehst du dann darunter ein mit der Erschaffung gegebenes Geschenk1, oder forderst du sie für jedes einzelne Werk, das wir verrichten, so daß uns also Gottes Hilf bei allem, was wir tun, zuteil wird?“ Mit anderen Worten: „Nachdem wir nun einmal mit Wahlfreiheit begabt sind, tun wir dann das, was wir wollen, aus unserem Willen und aus unseren Kräften?“ Ich weiß nämlich, daß die meisten unter euch alles in der Weise auf die Gnade Gottes zurückführen, daß sie ihre Wirkung nicht aufs Besondere, sondern aufs Allgemeine beziehen, d. h. sie lassen die Gnade keineswegs die einzelnen Handlungen erfassen, sondern finden sie in der Tatsache, daß wir die Freiheit der Wahl besitzen.
C. Es verhält sich nicht so, wie du annimmst. Vielmehr gebe ich beides zu, daß wir durch Gottes Gnade mit dem freien Willen erschaffen worden sind, und daß wir bei den einzelnen Werken durch Gottes Beistand unterstützt werden.
A. Wir wären also darin einig, daß wir, nachdem wir einen Willensentschluß gefaßt haben2, bei guten Werken die Hilfe Gottes, bei bösen die des Teufels erhalten.
C. Gewiß, darüber herrscht keine Meinungsverschiedenheit.
A. Gibst du also zu, daß jene Unrecht haben, die nichts wissen wollen von göttlichem Beistand bei den einzelnen Werken, welche wir verrichten, die auch den Sinn der Psalmenstellen: „Wenn der Herr das Haus nicht baut, dann haben die Bauleute umsonst gearbeitet. Wenn der Herr die Stadt nicht bewacht, dann wachen umsonst die Wächter“3, und Ähnliches durch verkehrte, ja geradezu lächerliche Deutungen zu verdrehen suchen?
