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Œuvres Makarios Magnes Kommentar zur Kritik des Neuen Testaments

IV. Zeit und Verfasser der Streitschrift, aus der die Quästionen geflossen sind (Erste Hälfte).

S. 107Ein Schriftsteller, der den Angriff gegen das Christentum so führt, daß er einfach das Neue Testament vornimmt, erst die Evangelien kritisiert, dann den Apostolos und in und mit diesem die »apostolische Lehre«, hat nicht im zweiten Jahrhundert, sondern frühestens im dritten geschrieben und geraume Zeit nach Celsus. 1 S. 108Hat er nicht erst im vierten Jahrhundert geschrieben? Diese Annahme scheint geboten; denn die chronologischen Angaben in IV, 2 u. 5, aus denen wir die Zeit des Macarius abgeleitet haben (s. o. S. 12 ff.),2 finden sich nicht in den Solutiones, sondern in den Quaestiones. Allein diese Angaben sind, wie fast alle Kritiker bereits bemerkt haben, zur Bestimmung der Zeit der Quaestiones unbrauchbar; denn wenn Macarius die Streitschrift, die ihm vorlag, als Unterlage für eine Disputation verwandte, die er selbst geführt haben will, so mußte er die in der Streitschrift Vorgefundene Datierung corrigieren. Welche Zahlen also in der Streitschrift in IV, 2 u. 5 gestanden haben, wissen wir nicht.

Daß unsere Schrift im dritten und nicht im vierten Jahrhundert entstanden ist, dafür sprechen gewichtige Gründe. Der gewichtigste ist unstreitig, daß unser Verfasser unverkennbar die rechtliche Lage der Christen und die große Zahl der Märtyrer bedauert (II, 14; IV, 4). So konnte nach Konstantin nicht geschrieben werden. Den Senat bezeichnet er als in Christensachen zuständig II, 14; auch das weist auf die konstantimische Zeit. Von Bildern in den Kirchen und sonst weiß der Verfasser schlechterdings nichts; er hätte sie IV, 21 erwähnen müssen, wenn ihm etwas davon bekannt geworden wäre.3 Wo er ein illustres Beispiel für einen Alleinherrscher geben will, nennt er Hadrian (IV, 20).4 Das ist an sich auffällig, aber im vierten Jahrhundert viel auffälliger als im dritten. Apollonius von Tyana ist sein großer Held; das ist der Heidenheiland des dritten Jahrhunderts (III, 1; S. 109IV, 5). Er kennt die Fälle einer hochgespannten Askese bei Frauen, aber die Erscheinung des Mönchtums ist ihm noch ganz fremd (III, 5; III, 36, cf. III, 21). Diese Beobachtungen5 schließen das vierte Jahrhundert aus. Aber anderseits ist auch die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts ausgeschlossen; denn vor der Verfolgung des Decius konnte kein Heide schreiben, daß es unzählige christliche Märtyrer gebe (IV, 4). Da unser Verfasser also in vorkonstantinischer Zeit geschrieben hat, aber nicht zur Zeit einer brennenden Verfolgung, und da er anderseits nach der Zeit des Decius geschrieben haben muß, ist seine Schrift mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen die Jahre 252 und 302 anzusetzen.6

Wer ist nun der Verfasser der Schrift, die Macarius excerpiert hat? Die Antwort drängt sich von selbst auf und ist auch schon von zahlreichen Gelehrten gegeben worden — Porphyrius.7 Allein andere Gelehrten haben teils entschieden, teils bedingt Widerspruch erhoben, und dieser Widerspruch ist gerade in der jüngsten Zeit wieder lauter geworden. Möller (a. a. O.) dachte, wenn auch nicht mit Sicherheit, an Julian, Duchesne und Crafer an Hierokles, Geffroy (Rev. des deux mondes, 1876, T. 46 p. 819) an einen Schüler des Porphyrius, Salmon,8 der dem Macarius einen sehr großen Anteil an der Formulierung der Quästionen glaubt zuschreiben zu müssen, an verschiedene Autoren, unter denen auch Porphyrius sein könne. Schalkhausser (a. a. 0.) meint, Salmon habe nicht durchweg Recht, aber seine Bedenken gegen die herrschende Ansicht (Porphyrius) seien der Berücksichtigung wert. Geffcken endlich, der in den Preuß. Jahrbb. (Bd. 114, 2, Nov. 1903) erklärt hatte, ein Ungenannter, nicht Porphyrius sei der Verfasser, hat jetzt in seinen S. 110inhaltsreichen und treffenden Bemerkungen zu den Quästionen9 dargelegt, daß der Ungenannte, der um die Mitte des 4. Jahrhunderts geschrieben, nicht nur manches aus Porphyrius übernommen hat, sondern daß seine Polemik zu einem guten Teil Porphyrius enthält.10 Er findet aber, gestützt auf einige Beobachtungen,11 Widersprüche zwischen Porphyrius und dem Ungenannten, die eine Identification ausschließen.

Der gesammte Tatbestand zusammen mit jenen Beobachtungen ist somit aufs neue zu untersuchen. Als bereits bewiesen aber glaube ich in Bezug auf die folgende Untersuchung voraussetzen zu dürfen, 1) daß wir Excerpte aus einer einheitlichen und großen Streitschrift vor uns haben, 2) daß diese Streitschrift der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts angehört, 3) daß sich Macarius gewisse Eingriffe, wenn auch selten und nicht tief einschneidende, gestattet hat.

Es läßt sich aber die Frage nach dem Verfasser nur lösen, wenn zuvor die Eigenart der Streitschrift genau untersucht ist. Daher ist es angezeigt, die abschließende Untersuchung über den Ursprung unsrer Schrift aufzuschieben und sie zunächst sachlich und historisch unter Vergleichung der übrigen Streitschriften zu würdigen. Zuerst sind die einzelnen wichtigen Züge hervorzuheben12 und dann ist eine Gesamtcharakteristik zu geben.


  1. Celsus hat den Paulus niemals erwähnt, worüber sich Origenes (I, 63) wundert. Zwar hält es Aubé (La polémique païenne, 1878, p. 236f.) für sicher, daß Celsus doch einige Briefe des Paulus gekannt hat, gibt aber zu, die Kenntnis könne ihm auch aus zweiter Hand gekommen sein. Auch Origenes glaubt, Kenntnis des Paulus bei seinem Gegner voraussetzen zu dürfen (I, 9. 13 zu I Kor. 1, 18 und VI, 12; V, 64), aber daraus läßt sich nichts schließen. Celsus hat von Häretikern (V, 64) das Wort Gal. 6, 14 gehört, und Origenes bemerkt dazu: τοῦτο γὰρ μόνον ἀπὸ τοῦ Παύλου ἔοικεν ἐμνημονευκέναι ὁ Κέλσος. Also hat er andre Paulusworte bei ihm nicht gefunden; also wird Celsus Paulusbriefe schwerlich gelesen haben. — Crafer (a..a. O. p. 408) glaubt nach dem Vorgang anderer (s. vor allem die gründliche Untersuchung Loesches in d. Ztschr. f. wiss. Theol. Bd. 27) beweisen zu können, daß unser Philosoph des Celsus Streitschrift gelesen hat, aber der Beweis ist nicht zwingend, so gewiß beide einen (nicht sehr umfangreichen) Stoff gemeinsam haben, der indirekt wohl auf Celsus zurückgehen kann. — Daß unsre Streitschrift nicht ins 2. Jahrhundert gehört, läßt sich noch durch viele Beobachtungen stützen, die zu sehr an der Oberfläche liegen, um eine Besprechung nötig zu machen: die christliche »Priesterschaft« III, 16, große Kirchengebäude IV, 21, » in jedes Gäßchen auf der Welt ist das Christentum gedrungen« IV, 8, »unzählige Märtyrer« (IV, 4), Petrus Bischof in Rom (III 22) etc. etc. ↩

  2. Mehr als 300 Jahre seit der Predigt Christi; bereits 300 Jahre seit dem I Thessalonicherbrief. ↩

  3. Wie anders Julian! ↩

  4. Hadrian ist wohl genannt, weil er das Ideal eines Herrschers für den Verfasser war.  ↩

  5. Man darf zu diesen Beobachtungen auch die Tatsache hinzufügen, daß der Verfasser ein NT mit der Petrus-Apokalypse voraussetzt (IV, 6. 7). ↩

  6. Hieraus folgt dann, daß Macarius wahrscheinlich die Zeitbestimmung »200« Jahre vorgefunden und sie einfach in »300« Jahre verwandelt, hat (IV, 2 u. 5). ↩

  7. Wagenmann, Neumann, Lösche, Zahn (nicht in seinem Aufsatz über Macarius, wohl aber Gesch. des NTlichen Kanons I, 1 S. 310: II, 2 S. 815.1005), Kleffner (Porphyrius, der Neuplatoniker und Christenfeind, Paderborn, 1896), ich selbst (vv. 11.) u. a. ↩

  8. In dem in vieler Hinsicht vorzüglichen Artikel »Macarius« in dem Dict. of Christ. Biography III.  ↩

  9. In dem Werk »Zwei griechische Apologeten« (1907) S. 301 ff. ↩

  10. S. 303: »Es kann doch schwerlich ein Zweifel darüber obwalten, daß wir in der Kritik am NT nicht nur die Methode, sondern auch die : eigentliche Polemik des Neuplatonikers vor uns haben; denn es wäre doch sehr wunderbar, wenn diese bekannte Bibelkritik ziemlich bald einen ebenso scharfsinnigen Nachfolger gefunden hätte, dem noch eine solche Nachlese übrig geblieben wäre... Schon die Tatsache, daß der Ungenannte mehrfach Christi Person von den falschen Berichten über ihn trennt, deutet auf Porphyrius. Und so ist uns denn bei unsrem Autor eine Polemik erhalten, die wohl geeignet ist, das Bild von Porph. uns noch deutlicher zu machen. « ↩

  11. Teils eigene, teils von H. Schrader ihm zur Verfügung gestellte. ↩

  12. Hierzu sind die parallelen Stellen aus Fragmenten des Werks des Porphyrius gegen die Christen vermerkt. Die vollständigste Sammlung findet sich bei Lardner (Works, T. VII, 1838, p. 390—467). ↩

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